Designer aus Ungarn – Teil 23
Ipek Türkoglu und ihr Label „Balkantango“
Müllverwertung mal anders
Im kleinen Designerladen Fregoli unweit des
Kálvin tér sind die originellen, umweltfreundlichen und modischen Taschen der
Designerin Ipek Türkoglu zu finden. Hier gibt es Geldbeutel, Handtaschen, Gürtel,
Laptop Sleeves und Umhängetaschen in allen Größen aus Gummi, die interessante
Namen tragen und mit kleinen extravaganten Details zum Kauf verführen. Die BUDAPESTER
ZEITUNG
sprach mit ihr über Umweltschutz, Ungarn und Kundenpräferenzen.
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Bilder: Aaron Taylor (4) |
Mit etwas
Verspätung, aber einem Lächeln auf den Lippen springt die schlanke Blondine von
ihrem Fahrrad, entschuldigt sich und huscht in den Designerladen. „Ich bin
gerade wieder aus dem Ausland zurück und muss unheimlich viel erledigen, weil
ich auch schon bald wieder wegfahre“, erklärt Ipek und holt sich angesichts der
Hitze erstmal ein Glas Wasser. Nachdem sie sich gesetzt hat, erzählt sie, dass
sie eigentlich das Fahrrad zu dem gemacht habe was sie heute sei. Ihr Label „Balkantango“
entstand 2007: Sie stellte aus alten Lastwagenplanen und Langspielplatten
Taschen her. Dann fand sie irgendwo Taschen aus Lastwagenreifen und sah später
bei ihrem Fahrradhändler einen Stapel Fahrradschläuche. So begann sie 2008
damit, Taschen und andere Dinge auch aus Fahrradgummis herzustellen. Nach drei,
vier Jahren konzentrierte sie schließlich ihre komplette Energie auf die Produktion
mit Fahrradschläuchen.
Warum sie
eigentlich genau mit dem Entwerfen von Taschen angefangen hat, weiß Ipek gar
nicht mehr. Sie habe 2003 damit begonnen, in England neben der Universität zu
arbeiten und nähte erst für Möbel Bezüge, später dann auch Vorhänge und Kissen.
Dann versuchte sie sich auch bei anderen künstlerischen Tätigkeiten wie dem Töpfern,
Kerzen gießen, Malen und der Herstellung von Keramik. Irgendwie kam sie dann zu
Taschen, die sie aber noch aus Lederresten anfertigte, schließlich landete sie
eben bei Gummi. „Ich denke, ich mag den Kontrast zwischen Müll und Design, auch
weil er meiner Persönlichkeit entspricht“, sagt sie lächelnd, und erklärt, dass
sie halb Bosnierin, halb Türkin und dennoch blond sei, eigentlich ein Widerspruch.
Und auf diesem beruhe auch der Labelname „Balkantango“, denn wer könne sich
schon Tango auf dem Balkan vorstellen, fragt sie.
Umweltschutz und Kreativität

Die Bedeutung
des Internets wurde ihr über die Jahre immer klarer und so hat sie neben den zwölf
Geschäften in Budapest auch einen Onlineshop, der sehr gut läuft: Sie
exportiert in über elf europäische Länder, darunter nach Deutschland, Österreich,
Belgien, die Schweiz und in die skandinavischen Länder. Den Großteil ihrer Produktion
verkauft sie ins Ausland. Den Standort Ungarn hält sie aber „aus persönlichen
Gründen aufrecht. Ich fände es einfach schön, wenn „Balkantango“ zu einem Markenzeichen
Ungarns würde und auch die Ungarn sich damit identifizieren könnten“, sagt Ipek
lächelnd. Um ihr Label bekannt zu machen, setzt sie jetzt auf Internetbanner,
eine neue Website und neue Bilder.
Anpassungen bei den Taschengrößen
Neben der
Verbesserung des Verkaufs konzentriert sich die Designerin nun auch auf die Anpassung
ihrer Taschen und das Kreieren von Rucksäcken und Bauchtaschen, die von ihren
Kunden verstärkt nachgefragt werden. Bei ihren älteren Modellen möchte sie nun
die Veränderungen auf dem Computermarkt einfließen lassen, sprich Taschen und
Sleeves für Laptops mit 13 und 15 Zoll produzieren. „Als ich angefangen habe,
war noch nicht abzusehen, dass es einen MacIntosh-Boom geben wird, und ich
wollte noch eine Weile warten, bis sich das verfestigt hat“, erklärt sie. An
der Form könne sie nicht viel ändern, die sei durch die Funktionalität
vorgegeben, aber bei Geldbeuteln habe sie eine Weile mit den Kleingeldtaschen
und Reißverschlüssen herumexperimentiert. Oft verlasse sie sich auch einfach
auf die Rückmeldung von Kunden. Und die bekomme sie insbesondere von deutschen
Verkäufern per Email regelmäßig, worüber sie sich sehr freue.
Den
Kollektionen gäbe sie immer Namen von Städten und Orten, die eine große
Bedeutung für sie haben, auch müssen sie irgendwie zu den Stücken passen. Die
zwei Hauptlinien sind Budapest und Istanbul, dazu kommen noch Vienna, Beograd
und einige mehr. Das Gute an diesen Namen sei auch die Internationalität, denn
man verstehe sie nicht nur in Europa, sondern auch in den anderen Teilen der
Welt. Gekauft würden ihre Taschen zum Großteil von Männern, so ab 25 Jahren. „Wahrscheinlich
liegt das zum Teil daran, dass Männer sich eher mit Fahrrädern identifizieren können
und auch bereit sind, einen etwas höheren Preis dafür zu bezahlen. Frauen
kaufen lieber mehrere Taschen, Männer sind schon mit einer zufrieden, die sie mögen“.
Aus diesem Grund verkaufe sie fünfmal mehr Männer- als Frauentaschen, erklärt
Ipek.
Ines Gruber
Fregoli
V. Bástya utca 8-10
Tel./Fax: +36 1 266 25 43
www.fregolishop.com
www.balkan-tango.com
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag 11 bis 19 Uhr
Samstag 11 bis 17 Uhr
Erschienen in
der Budapester Zeitung Nr. 29, vom 15.-21. Juli 2011
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