Designer aus Ungarn – Teil 29
Emese Kasza und ihr Label „MEI KAWA“
„Angenehm, funktional und kombinierbar“
Unweit der Metrostation Kálvin tér und der
belebten Ráday utca, an einem kleinen Platz zwischen Baross utca und Reviczky
utca, ergänzt seit neustem der luftige Showroom der Designerin Emese Kasza das
Modeangebot der Innenstadt. Ihre Kollektion für Männer besteht vorwiegend aus
gedeckten Farben und eher einfachen Schnitten. Die Kleidung ist jedoch immer
wandelbar und steht irgendwo zwischen Casual und Business.

Design versus Architektur
Der Weg zum
Design sei für sie im Grunde vorbestimmt gewesen, sagt Emese und erzählt,
dass sie eigentlich seit ihrer Kindheit bewusst auf diese Laufbahn
hingearbeitet habe. Kunst, Malen und Handarbeiten seien schon immer ihr
Steckenpferd gewesen. „Mein Vater ist Architekt und auch ich mag Architektur
unglaublich gerne, deswegen habe ich mich auch lange nicht entscheiden können“,
meint Emese und erzählt, dass am Ende doch das Entwerfen von Kleidung die
Oberhand gewonnen habe. Jedoch sei in ihrer Mode bis heute eine Nachwirkung von
Architektur zu spüren.
Labelgründungen
Den Wunsch,
mit ihren Entwürfen auch an die Öffentlichkeit zu gehen, erfüllte sich Emese
noch während ihres Studiums, als sie mit zwei befreundeten Designern zusammen „Hepp
Design“ gründete. Die Formation stellte damals großteils Kollektionen für
Frauen her, aber es waren auch immer ein oder zwei Stücke für Männer dabei. „Das
gute Feedback, das wir für die Entwürfe ‘für ihn’ bekommen haben, brachte mich
auf die Idee, mein eigenes Label mit einer Männerlinie zu starten“, erzählt
Emese. Nachdem die Zusammenarbeit bei „Hepp Design“ ein Ende fand, entstand
2010 ihr eigenes Label „MEI KAWA“.
Wortspiele
Dieser etwas
exotisch anmutende Name entstand aus einer Variation ihres eigenen Namens. „Kasza
Emese fand ich nicht wirklich markttauglich“, gibt sie unumwunden zu und so
habe sie verschiedene Vorschläge und Kosenamen in ihrem Freundeskreis zur Wahl
gestellt. Das Ergebnis war, dass die Männer alle für Kawa Kawa stimmten und die
Frauen für Meika. „Daraufhin machte ich dann ‘MEI KAWA’ als Kompromiss und auch
als Zeichen dafür, dass ich nicht nur Männer-, sondern auch Frauenkleidung
designen will“, betont Emese.
Eine harte Nuss
Der Markt für
Männerkleidung sei jedoch viel schwieriger als sie gedacht hätte, meint die
Designerin nachdenklich. „Ich wusste, dass dies eine hart zu knackende Nuss
sein würde, aber so steinhart habe ich sie mir nicht vorgestellt.“ Männer seien
nicht so mutig wie Frauen, trauten sich noch nicht wirklich Einzelstücke zu tragen,
ließen selten etwas anfertigen oder die Größe anpassen. Außerdem hätten sie
eine andere Einkaufsattitüde: Sie gehen in einen Laden und kaufen, was ihnen
zusagt oder lassen es einfach. Emese erklärt, dass sie versuche, mit ihren Entwürfen
einen Übergang zwischen individueller Kleidung und Massenproduktion zu finden,
die von Männern gerne getragen wird.
Klare Linien
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Bilder: Kristóf Galgóczy Németh (2) |
Offener und zugänglicher
Der Umzug aus
ihrem früheren Atelier im Tüzraktér läuft ungefähr seit zwei Monaten und war
dringend notwendig, so Emese. Die Situation im Künstlerhaus sei untragbar geworden
und deswegen habe sie sich mit ihren damaligen Mitbewohnerinnen im Tüzraktér
und drei weiteren kreativen Geistern ein neues Atelier gesucht. Insgesamt kann
man also sechs Designerinnen unter der gleichen Adresse finden: Eine Hutmacherin,
eine Designerin für Frauenbekleidung und für Frauenfahrradbekleidung, die Männerkollektionen
von Emese und zwei Grafikerinnen, die jedoch den gleichen Stil wie die Anderen
vertreten und sich so auch mal am Entwerfen von Mode ausprobieren möchten. „Wir
haben hier auch viel mehr Möglichkeiten“, betont Emese und erklärt, dass der
Showroom viel offener und zugänglicher sei als die Werkstatt im Tüzraktér. Natürlich
seien ihre Entwürfe auch weiterhin in verschiedenen Läden in Budapest zu
finden, aber jetzt könnten die Kunden auch direkt zu ihr kommen.
Chancen im Ausland
Für die
Zukunft plant Emese eine Frauenkollektion und einen Onlineshop, damit sie auch
europaweit präsent sein kann. Durch das viele Feedback von ausländischen Käufern
überlege sie außerdem, ob sie es nicht einmal im Ausland versuchen sollte. „Bekannte
aus Deutschland denken, dass ich insbesondere in Köln und München Chancen hätte“,
sagt Emese und fügt hinzu, dass ihre bisherigen Entwürfe nicht unbedingt nur
von Männern getragen werden könnten. Die Stücke seien zum Teil Unisex und deswegen
kaufen auch viele Frauen ihre Oberteile. Aber genau das wäre auch das Problem
in Ungarn. Ein Stylist, der bei ihr etwas bestellt habe, meinte, dass er eine
andere Kreation nicht tragen könne, da ihn dann sein Umfeld womöglich für
homosexuell hielte und er Schwierigkeiten bekäme. Im Ausland sei die
Gesellschaft in Bezug auf Mode längst offener und freier als in Ungarn und
deswegen sieht Emese dort ihre Chance.
Ines Gruber
MEI KAWA
Showroom
Monofashion
Shop
V. Kossuth
Lajos utca 20.
Handy: +36 /
30 627 8790
www.meikawa.com
EMESE KASZA hat an der
Moholy-Nagy Hochschule für Kunst und Design (MOME) in Budapest studiert und an
der Schule für Design (Escola Superior de Disseny) in Spanien ihren Abschluss
in Modedesign gemacht. Ihr erstes Label, das sie mit zwei Studienkollegen gründete,
war „Hepp Design“, welches von 2005 bis 2008 neben Gewänder für Männer und
Frauen auch Objekte designte. 2010 gründete Emese dann ihre eigene Marke „MEI
KAWA“, die vorerst noch ausschließlich für Männerbekleidung steht. Sie arbeitet
außerdem als Kostümbildnerin an Theatern und nimmt an Modeschauen im In- und
Ausland teil.
Erschienen in
der Budapester Zeitung Nr. 39, vom 23.-29. September 2011
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