Designer aus Ungarn – Teil 40
Bori Tóth und ihr Label „TOTHBORI“
„Weiblichkeit mit Raffinesse“
Unweit der Metrostationen Arany János utca
und Opera ist in der Hajósi utca der zweistöckige helle und geräumige Laden der
Designerin Bori Tóth zu finden. Durch die großen, bis zum Boden reichenden
Schaufenster können die Spaziergänger wunderschöne und elegante Abendkleider,
klassische Kostüme und farbenfrohe Blusen bestaunen.
Nette
Angestellte begrüßen die Kunden beim Eintritt freundlich, fragen nach ihren Wünschen,
helfen bei der Auswahl der Größe und tragen die ausgewählten Kleidungsstücke in
die Umkleidekabinen, die gepolsterte Sitzecken haben. Die im Geschäft
verteilten weißen Sofas laden zum Sitzen und Verweilen ein. Über eine stilvolle
Treppe führt die Designerin Bori Tóth Interessierte in den etwas ruhigeren
zweiten Stock, wo eine weitere Couchecke bereitsteht. „Hier oben unterhalte ich
mich meist mit Kundinnen, die Einzelanfertigungen bestellen“, erzählt sie während
sie in die Polster sinkt.
Die Nähe zur
Kunst sei ihr praktisch in die Wiege gelegt worden, sagt sie und fügt erklärend
hinzu, dass sie aus einer Künstlerfamilie stamme und immer eine Affinität zu
Mode verspürt habe. „Eigentlich habe ich nie etwas anderes gemacht als
Kleidung. Es hat mich immer interessiert und gefällt mir bis heute“, versichert
Bori. Erst habe sie ihre Puppen eingekleidet, dann sich selbst und später
andere. Dank ihrer Schulausbildung an einem künstlerisch ausgerichteten
Gymnasium habe sie die Aufnahme an die Universität leicht geschafft und bereits
zwei Jahre nach ihrem Abschluss einen eigenen Laden eröffnet.
Dieses erste
Atelier unter dem Namen „Toth Bori Studio“ betrieb sie vier Jahre lang. Hier
entstand nur Kleidung auf Bestellung. Als sie dann schwanger wurde, entschied
sie sich für eine Veränderung. „Dieser Laden hier war bereits in Planung, und
so hatte ich ein festes Ziel, auf das ich hinarbeiten konnte“. Das Konzept des
neuen Geschäftes zielte auf Konfektionen ab und entstand noch parallel zum
Studio. Da sie beschlossen hatte, die Marke als Ganzes auf neue Grundlagen zu
stellen, ließ Bori sich Zeit und eröffnete nach einer fast zweijährigen Pause
Ende 2009 den jetzigen Laden mit ihrem Label „TOTHBORI“.
Feminin sein
Ihr Stil sei
klar: Qualität und Weiblichkeit mit einer Spur Raffinesse. Die Kleidungsstücke
bauten auf das klassische Schönheitsideal von Frauen auf, seien immer tragbar
und bequem und verstärkten das Selbstbewusstsein der Trägerin. Eine schöne Frau
besitzt für Bori die klassischen weiblichen Attribute gepaart mit der Fähigkeit,
auch noch Zeit für Familie, Freunde und einen Partner zu haben. „Frauen wollen
gefallen, sich selbst und anderen. Dazu sollten sie auch stehen“, meint die
Designerin.
Bori verrät, dass ihre Entwürfe nicht unbedingt den Laufstegmodells
am besten stehen, sondern Vollblut-Frauen die Größe 38, 40 oder 42 tragen. „Das
ist eigentlich ideal, umgekehrt wäre es schlimm“, sagt sie lächelnd. Ihre
Kollektionen gingen generell von Größe 34 bis 42, wenn etwas Größeres gefordert
werde, bekäme sie ein wenig Bauchschmerzen, denn dann müsse sie eigentlich neu
planen und entwerfen. Bis 42, 44 passten die Abnäher und die Form noch, danach
müssten Anpassungen vorgenommen werden, damit das Kleidungsstück richtig sitzt.
Das sei sehr viel Arbeit.
Pro Jahr
entstehen zwei Kollektionen, die aus etwa 70 bis 80 verschiedenen Kleidungsstücken,
angefangen von Kleidern über Röcke und Hosen bis hin zu Blazern reichen. Die
Zusammensetzung passe sich stets der Nachfrage an. „In letzter Zeit stelle ich
fest, dass immer mehr Kleider und Röcke gewünscht werden, deswegen haben wir in
der jetzigen Winterkollektion auch nur zwei Hosen“, sagt sie.
Die Inspiration
zum Entwerfen von Kleidungsstücken komme von überall her. „Sie findet mich,
springt mich einfach an“. Eigentlich sei es meist ein Thema um welches sie dann
den Rest aufbaue. Die Farbauswahl, die Form und später auch das Marketing
ordneten sich immer diesem zentralen Motto unter. Wichtig sei ihr die hohe
Qualität der Stoffe. Die Designerin betont, dass sie in erster Linie
Naturfasern verwende. Angesichts der technischen Entwicklung und der steigenden
Nachfrage arbeite sie seit einiger Zeit zunehmend mit Mischfasern, diese seien
nämlich einfacher zu waschen und verlören weniger die Form.
Kundenkreis
Ihre Käufer
seien zum Großteil Ungarinnen um die 30, die fest im Berufsleben stehen oder
eine eigenen Firma leiten und ihre Entwürfe quasi als Arbeitskleidung tragen.
Dann gäbe es noch die Touristen und Expats und diejenigen, die sich bei ihr
Hochzeits-, Abend- oder Ballkleider anfertigen ließen. Obwohl sie auch für
letztere Kollektionen entwerfe, wollten die meisten verständlicherweise immer
eine Einzelanfertigung. Aber auch bei den Konfektionen nehme sie immer wieder
Anpassungen vor. Es gäbe durch die vielen verschiedenen Körperformen selten ein
Mittelmaß, das allen passe.
Da ihr Laden
in Budapest inzwischen gefestigt sei, sieht sich Bori nun nach Distributoren
um, gehe auf Messen und baue sich ein Netzwerk im In- und Ausland auf. „Meine
Marke ist noch jung und obwohl ich meine Zukunft in Ungarn sehe, muss ich mich
wegen der wirtschaftlichen Lage Richtung Ausland orientieren“, erklärt sie. Außerhalb
Ungarns gäbe es eine richtige Designkultur, die Augen seien anders
sozialisiert, was heißt, dass Design in dieser Umgebung eine viel größere
Chance habe. Deswegen habe sie jetzt auch einen Webshop eingerichtet. Er sei
noch in der Testphase, aber sehr wichtig, denn nur so könnten Ausländer weiter
bei ihr bestellen, wenn sie in ihre Heimat zurückkehren.
Weitere Läden würde
sie gerne in den USA, West oder East Coast, einrichten, weil Amerikaner Qualitätsware
aus Europa zu schätzen wüssten. Russland sei für sie auch interessant. Der Stil
der Russen, Einfachheit mit etwas Besonderem zu paaren stehe ihr nahe, außerdem
würde sie gerne ein noch „jungfräuliches Gebiet“ erschließen.
Ines Gruber
TOTHBORI
Tel.: + 36 1 354 1588
Öffnungszeiten:
VI. Hajós utca 25
Montag bis Freitag 11 bis 19 Uhr
www.tothbori.com
Samstag 11 bis 16 Uhr
www.ourstyle.hu

Erschienen in
der Budapester Zeitung Nr. 50, vom 9.-15. Dezember 2011
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