Designer aus Ungarn – Teil 39
Nóri Vidó und ihr Label „vidonori“
„Komisch und Funky“
Bunte,
asymmetrische Stühle aus verschiedenen Holzsorten mit Leidenschaft entworfen
und von Fachmännern gebaut stehen im hellen Showroom „The Garden Studio“, um
Interessierten einen Eindruck von den Kreationen der jungen Designerin Nóri Vidó
zu geben. Neben den Holzstühlen entwirft sie auch Tische, Sessel und Sofas, die
im Internet betrachtet werden können.
Schüchtern lächelnd
wartet Nóri Vidó im „The Garden Studio“ bis Besucher die kurze Treppe in den
ersten Stock überwunden haben, um sich ihre Stühle vor Ort anzusehen. „Leider
fehlen im Moment wegen Ausstellungen ein paar“, meinte sie bedauernd, erklärt
aber sogleich, dass zehn neue Stühle sowie ein Sessel fertig seien und weitere
gebaut würden.
Architektin und Designerin
Die Idee zum
Entwerfen von Möbelstücken, zumal Stühlen, kam Nóri, als sie ein Haus im
Bauhausstil besuchte, das vom Gebäude bis hin zum Interieur von einem
Architekten gestaltet worden war. Aufgrund ihres Architekturstudiums, das in
Ungarn auch die Innenarchitektur miteinschließt, konnte sie sich gut
vorstellen, auch andere Dinge als Gebäude zu entwerfen. Ihr erster Stuhl
entstand eigentlich für die Uni, „denn jeder Architekt hat seinen eigenen“,
meint sie lachend.
Am Anfang, vor rund sechs Jahren, war das Ganze noch ein
Hobby. Nóri wollte eigene Möbel, die sich ihrem Zuhause anpassen und etwas
anders sind als der Durchschnitt. Als die Entwürfe sich häuften, kam ihr die
Idee, daraus mehr zu machen. Vor einem halben Jahr entstand dann ihre Webseite
mit Online-Shop, der von Beginn an darauf ausgelegt war, Ausländer anzuziehen.
In der Zwischenzeit habe sie viel gemalt und bei internationalen Designermessen
teilgenommen.
Erfolg im Ausland
![]() |
Bilder: vidonori (4) |
Dank der
Messen hat sie viele Rückmeldungen aus dem Ausland erhalten. Sie glaubt daher,
dass dort ihr potentieller Kundenkreis liegt. Denn handgemachte und einzigartige
Möbel liegen im Westen, insbesondere in den USA und Großbritannien, besonders
hoch im Kurs. Nóri hofft, dass auch in Ungarn die Nachfrage nach ihren Möbeln
steigen werde. Sie schränkt allerdings ein: „Ungarn mögen es gerne einfach,
meine asymmetrischen Formen gefallen den meisten nicht. Ich weiß nicht, wo die
mangelnde Offenheit der Ungarn herrührt, aber ich erlebe dies auch beim Studium
und bei der Arbeit, wenn ich mit anderen Architekten rede“, meint sie nachdenklich.
Ihren
eigenen Stil beschreibt die Designerin als „funky und komisch“ und ergänzt,
dass ältere ausländische Architekten meinten, dass ihre Kreationen sie an die
dreißiger Jahre erinnern würden. Vorbilder habe sie keine. Nur einige Designer,
die ihr gefallen. Sie mache jedoch ihr eigenes Ding. Ihre Regeln für das Entwerfen
seien einfach: Es müsse am Ende gut aussehen. Natürlich hält sie die
Proportionen der Stühle ein, so haben ihre Entwürfe alle die gleichen Maße bei
der Sitzfläche und Sitzhöhe. Wichtig ist der Designerin allerdings, dass ihre
Entwürfe unverwechselbar und mit Möbelhausprodukten nicht zu vergleichen sind.
Designer und Tischler
Das Planen
laufe bei ihr über den Computer. Wenn Nóri ein fertiges Bild im Kopf habe,
setzt sie sich hin und erstellt ein perfektes dreidimensionales Abbild davon.
Durch diese Methode entsteht eine präzise Zeichnung, die dann der Tischler für
die Herstellung des Stuhls verwenden kann. Nicht immer seien diese von ihren
Ideen begeistert, erzählt sie, denn oft seien ihre Kreationen mit viel Arbeit
verbunden. Wie ihr neuester Entwurf: Ein Stuhl, der aus Würfeln bestehe. „Am
Ende sehen die Schreiner jedoch, dass sich ihre Arbeit gelohnt hat“, betont die
Designerin.
Wie die Entwürfe nach der Fertigstellung aussehen sollen, weiß sie
selbst ganz genau. Von Anfang an legt sie Holzart und Farbe fest, bei ihren
Sesseln und Sofas auch den Stoff. Das Wichtigste bei den verwendeten Materialen
ist für Nóri die Qualität. Sie arbeite neben Vollholzsorten wie Kastanie, Buche
und Ebenholz auch mit verschiedenen Furnieren.
Selbstversuche

Kaufen per Klick
Die
Designerin plant, jedes Jahr drei neue Kollektionen in ihren Online-Shop zu
stellen. Ideen habe sie zwar sehr viel mehr, jedoch möchte sie nicht alles
gleichzeitig auf den Markt bringen. Ein Zukunftstraum von Nóri ist auch das Entwerfen
von Porzellan, Besteck und anderen Nutzgegenständen. Ihr bunter Recyclingmülleimer
fürs Wohnzimmer stelle da schon einen Anfang dar.
Bestellungen ihrer Möbel können
die Käufer ganz einfach über das Internet in ihrem Online-Shop abwickeln, oder
sie melden sich bei ihr via Email, um einen Kostenvoranschlag für eine
Sonderanfertigung zu bekommen. Nóri stellt klar, dass sie eine Dienstleistung
anbiete und deshalb natürlich das Material, der Stoff und die Größe vom Kunden
selbst bestimmt werden könnten: „Der Kunde muss si-ch damit wohl fühlen“, sagt
sie nachdrücklich.
Ines Gruber
The Garden
Studio
V. Városház utca 14.
Tel.: +36 30 259 3511
www.thegardenstudio.hu
www.vidonori.com
NÓRI VIDÓ studiert an der
Technischen Hochschule in Budapest Architektur und schloss 2005 einen Kurs in
Fotografie ab. Sie arbeitete in der Hauptstadt bereits als Fotografin für subculture.hu
und Népszabadság und in verschiedenen Architekturbüros. Im Moment entwirft sie
bei einer großen Holzverarbeitungsfabrik Türen. Nóri gründete 2005 ihr Möbellabel
„vidonori“, mit dem sie bei Designmessen unterwegs und seit diesem Jahr auch im
Internet präsent ist. Seit 2007 schreibt sie auch einen Gastroblog.
Erschienen in
der Budapester Zeitung Nr. 49, vom 2.-8. Dezember 2011
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen