Designer aus Ungarn – Teil 32
Zsuzsa Lengyel und ihre Label „lengyel zsuzsi“ und „Karnevaal“
Zsuzsa Lengyel und ihre Label „lengyel zsuzsi“ und „Karnevaal“
„Bunt, praktisch und einzigartig“
Mitten in der Innenstadt, unweit des Jászai
Mari tér in Richtung Westbahnhof, liegt der kleine Laden der Designerin Zsuzsa
Lengyel in einem Innenhof am Szent István körút. Auf dunklen Holzregalen präsentiert
sie hier ihre bunten Taschenkreationen in verschiedenen Formen und Materialien
sowie einzigartige, schöne Krawattenentwürfe für Sie und Ihn.
Mit einem schüchternen
Lächeln öffnet die junge Designerin die Tür zu ihrem Showroom und bietet sofort
einen Platz auf dem Ledersofa an. Ihr Laden läge etwas versteckt und sei
dadurch leider etwas schwierig zu finden, gibt Zsuzsa Lengyel sogleich zu und
macht es sich ebenfalls auf der Sitzgelegenheit bequem.
Ein langer Weg
Ruhig und
leise beginnt Zsuzsa dann von ihrem Werdegang, der erst über ein
Wirtschaftsstudium zum Design führte, zu erzählen. „Kreative Dinge haben mich
immer angezogen“, meint sie und fügt nachdenklich hinzu, dass der Exkurs ihres
ersten Studiums wahrscheinlich eine Rebellion gegen die Eltern, die Grafiker
und Künstler seien, gewesen sein muss. Während des Wirtschaftsstudiums habe sie
jedoch ihre Meinung geändert und dann doch noch einen Abschluss in Design
gemacht.
Unter dem Label „Jaffa“ entstanden nach ihrem Abschluss Kleiderkollektionen
mit einer Studienkollegin, die auch gut bei den Kunden ankamen. Nach einige
Jahren wurde sie jedoch schwanger und beschloss, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen.
Damit verschwand auch ihre Mode von der Bildfläche. Eine Schaffenspause von fünf
Jahren folgte, die Zsuzsa kurz vor Weihnachten 2010 beendete.
Neues Konzept
![]() |
Bilder: Aaron Taylor (3) |
Sammelleidenschaft
Ihre Taschen
entstehen durch Versuche, Zeichnungen und oft durch die Farbe und Textur der
Stoffe, die sie miteinander kombinieren will. „Ich sammle Stoffe, Pelze, Leder
aller Art, benutze auch häufig alte Kleidungsstücke wie Pelzmäntel oder
Pullover, die ich dann weiterverarbeite. Mein Dachboden ist im Grunde mit Stoffballen
und Resten gefüllt“, gibt sie lächelnd zu. Die Formen der Taschen bleiben ähnlich,
aber das Aussehen variiert aufgrund der vielen Materialien unglaublich, es gibt
kaum zwei gleiche Stücke. Das gilt nicht für ihre kleinen Serien, in deren
Rahmen jeweils rund zehn Stück entstehen und die deswegen auch durchnummeriert
sind. Diese werden allerdings bei einer Schneiderin gefertigt. Die Nachbestellungen
sowie Einzelstücke schaffe sie jedoch allein in Handarbeit.
Weiterentwicklung
Eigentlich
produziere und kreiere sie das ganze Jahr über, erzählt Zszsa, allein jetzt
habe sie wegen einer Ausstellung in London vier komplett neue Taschenformen
entworfen. Diese haben einen Ledergriff und Lederboden, damit sie strapazierfähiger
sind. Zsuzsa möchte in Zukunft darauf achten, dass alle Entwürfe aus Stoffen
bestehen, die wasserabweisend sind. Sonst gäbe es aber kein Kriterium für das
Grundmaterial. Das einzige, was die Designerin vor neuen Kreationen abhielte,
sei die fehlende Zeit, meint sie bedauernd. Neben den neuen Entwürfen können
aber auch die alten weiterhin über ihre Website bestellt werden. „So entstehen
eigentlich die meisten Taschen“, erzählt Zsuzsa, und fügt hinzu, dass diese
nach Absprache in Farbe und Stoff an die Wünsche des Kunden angepasst werden
und dadurch natürlich immer Einzelstück seien.
Onlinebestellungen
Ihre Käufer sind In- und Ausländer, die vielleicht schon von ihr gehört haben, und deswegen ihren Laden finden oder sich über die Website informieren und bestellen. Zsuzsa verschickt ihre Taschen auch ins Ausland, jedoch seien die ungarischen Kunden immer noch in der Mehrzahl. Obwohl ihre Entwürfe für diese vielleicht etwas teuer sind, betont sie aber sogleich, dass eigentlich immer mehr Ausländer auf sie aufmerksam würden, die Design, Ware und Einzigartigkeit zu schätzen wissen. Das Feedback sei durchwegs positiv. Deswegen überlege sie, mit ihren Kreationen nach Deutschland oder Frankreich zu gehen.
„Karnevaal“
Das Entwerfen
der Krawatten ergab sich eher aus Zufall und läuft neben der Taschenproduktion.
Vor Jahren beschenkte sie einen Freund mit ein paar schönen Kreationen, dem
diese so gut gefielen, dass Zsuzsa anfing auch welche für den Verkauf
herzustellen. Die Stoffe, die sie dafür nutzt, stammen aus ihrem Fundus, und
sind nicht immer nur aus Seide, sondern manchmal auch aus Wolle oder einem anderen
festen Stoff. „Das schmälert ihre Qualität überhaupt nicht“, meint die Designerin
und erzählt, dass sie mal bei einer Hochzeit ein selbstgeschneidertes Korsett
getragen habe, und ihr Mann die passende Krawatte dazu. Von daher rührt ihre
Idee, für Paare zu Silvester ähnliche Kombinationen herzustellen. Dies kam bei
den Kunden so gut an, dass ihr aus dem vergangenen Jahr nur eine
Kombination geblieben ist. Dieses Jahr wolle sie dies weiterführen.
Zukunftspläne
Bei beiden
Linien setzt Zsuzsa auf Farben und Kontraste, die sich aus dem Stoff, seiner
glatten oder weichen Struktur ergeben und am Ende immer miteinander
harmonieren. Außerdem sind die Taschen bis auf die neuesten Entwürfe auch immer
praktisch: Man kann sie auf verschiedene Weise tragen, mit Druckknöpfen
verkleinern oder vergrößern, man kann außerdem den Tragegurt verändern oder Reißverschlüsse
öffnen, um das Fassungsvermögen zu erweitern. Geplant sind auch zwei Linien bei
„lengyel zsuzsi“, die sich in „Premium“ und „Basic“ aufteilen sollen. Der
Unterschied soll dabei die Verwendung von Leder und natürlich der Preis sein.
Entwürfe der jetzigen Kollektion kosten um die 25.000 Forint, die Basic-Taschen
werden zwischen 15 und 20.000 liegen. Neu ist auch das Stammkundenprogramm, das
„Wiederholungstätern“ einen Rabatt vom 30 Prozent auf jede weitere Tasche gewährt.
Zsuzsi sagt, dass „es viele gibt, die schon mehr als eine Tasche gekauft haben,
weil ihnen die Farbe und der Stil gefällt“, und genau diese Käufer wolle sie
mit der Kundenkarte erreichen.
Ines Gruber
Showroom:
V. Szent István körút 15.
www.lengyelzsuzsi.hu
www.karnevaal.com
ZSUZSA LENGYEL hat ihre Abschlüsse 2002 in Wirtschaft an
der Széchenyi Istvan Universität in Győr und zwei Jahre später als Designerin
in Budapest gemacht. Danach fing sie an, mit einer Studienkollegin Mode zu
designen. Nach einer etwas längeren Pause eröffnete sie dann 2010 ihr Taschen-
und Krawattengeschäft erneut, was gleichzeitig auch als Atelier dient. Seit
diesem Jahr nimmt sie regelmäßig am WAMP Designermarkt teil und vertreibt ihre
Kreationen außer in ihren Laden auch auf ihrer Webseite und in zwei weiteren
Designgeschäften. Im Oktober wird die Designerin an dem internationalen Markt
in Budapest teilnehmen.
Erschienen in
der Budapester Zeitung Nr. 42, vom 14.-20. Oktober 2011
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen