Designer aus Ungarn – Teil 14
Zoltán Herczeg und seine Labels „Herczeg“ und
„American Badass“
„Exhibitionistisch, verwegen und sexy“
Wer einen Spaziergang vom Westbahnhof zum
Oktogon unternimmt, bummelt, ohne es vielleicht zu wissen, auch an dem kleinen
bunten Laden des Designers Zoltán Herczeg vorbei. Versteckt in einem Hinterhof
auf dem Teréz Körút ist das schön dekorierte Geschäft mit vielen
außergewöhnlichen Kleidungstücken und Accessoires, in erster Linie für den
Mann, zu finden. Die BUDAPESTER ZEITUNG
unterhielt sich mit dem Liebhaber extravaganter Brillengestelle über
Vergangenheit und Zukunft, und darüber, warum seine Mode im Ausland einfacher
zu verkaufen ist.
Beim Betreten
des originell gestalteten Geschäftes sieht man sofort wer Kunde und wer Designer
ist. Zoltán Herczeg trägt eine Brille mit schillerndem Gestell, das es mit der
Kollektion von Elton John aufnehmen könnte, dazu ein gut sitzendes, gestreiftes
Hemd, Used-Jeans und rote Cowboy-Stiefeletten. Nachdem die Käufer den Laden
verlassen haben, nimmt er sich Zeit und erzählt, dass er schon als Kind immer
gemalt, gezeichnet und entworfen hat. „Meine Eltern haben mich nicht aus dem
Haus, vom Tisch und meinen Stiften wegbekommen“, sagt er schmunzelnd und fügt
hinzu, dass er sich auch mit Bildhauerei und Schreiben befasst hat. „Ich hatte
schon immer eine künstlerische Ader“, betont Herczeg. Ausgelebt hat er diese
schon Ende der 80-er Jahre, als die Mischung von Hip Hop und Rock auch nach
Ungarn schwappte, es aber keine passende Kleidung dazu gab. „Die Freundin
meines Bruders war Schneiderin; ihr habe ich erste Entwürfe für Bermuda-Shorts
gebracht, die sie dann verwirklicht hat“. Später kamen dann Hosen und Hemden
hinzu und bis zum Ende der Universität trug er fast nur selbst entworfene
Kleidung.
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Bild: Aaron Taylor (1) |
Ursprünglich Wirtschaftsstudium
Eine
Ausbildung zum Designer habe er nicht gemacht, sondern an der Budapester
Corvinus-Universität in Wirtschaft abgeschlossen. Der Grund dafür waren zu gute
Noten an einer wirtschaftlichen Mittelschule. „Eigentlich wusste ich nicht, was
ich machen sollte; für die Lehrer und meine Eltern war es selbstverständlich,
dass ich auf die Corvinus-Uni ging, und es hat mir ja auch Spaß gemacht“,
erklärt er. Trotzdem entschließt sich Herczeg nach dem Abschluss, es mit der
Mode zu versuchen. Seine Eltern sahen die Sache skeptisch. „Hinter mir standen
sie aber immer, und seit dem das Geschäft läuft und ich damit Geld verdiene,
sind sie sehr stolz auf mich“, sagt der Designer.
Von der Straße ins Internet
Angefangen
hat er 1996 ganz klein, mit 30.000 Forint, die er sich von einem Freund lieh sowie seiner Schneiderin und Entwürfen mit Filzstift.
Es war eine Damenhose, die er auf den Straßen sowie in Studentenheimen an
Bekannte und Unbekannte verkaufte und in Bus und Metro durch die Stadt schleppte.
Bereits ein Jahr später eröffnete er sein erstes Geschäft, das einen Hof weiter
und noch kleiner als das jetzige war. Inzwischen ist er beim Webshop angelangt,
den nicht nur Käufer aus ganz Ungarn sondern zum Beispiel auch aus der Slowakei
und Rumänien nutzen. Natürlich betreibt er eine Facebook-Seite, denn „man muss
mit der Zeit gehen und die Möglichkeiten nutzen“. Sein neuestes Projekt besteht
aus dem Vertrieb der Kleidung in den Vereinigten Staaten unter seinem Label
„American Badass“.
„Filmstar Michael Madson“, erläutert der Designer, „kam
eines Tages in meinen Laden, fand meine Kreationen ganz toll und hat mir gleich
eine Zusammenarbeit angeboten“. Auf den Vorschlag ging Herczeg natürlich ein
und produziert seinen Stil jetzt unter beiden Labeln.
Kleidung für Mutige
Autodidakt
Herczeg entwirft zuerst im Kopf und bringt seine Vorstellungen dann aufs
Papier. Manchmal inspiriert ihn ein schöner Stoff zu einem Kleidungsstück,
manchmal ist es umgekehrt. „Wenn man mit offenen Augen durchs Leben geht,
kommen die Ideen ganz von selbst. Ich war vor einer Weile in London und Paris,
und bin mit so viel Energie, Inspiration und Stoffen zurückgekommen, dass es
noch dauern wird, bis ich es aus der Vorstellung gezeichnet habe.“
Der Stil ist
klassisch. Wie er sagt, hat bei ihm eine Hose zwei Hosenbeine und ein Hemd zwei
Ärmel. Allerdings sind die Stücke bunt und durch die Applikationen, diverse
Muster und so Kleinigkeiten wie zweifarbige Knöpfe oder Hemdtaschen höchst
individuell entworfen. Der Gesamteindruck ist das, was zählt. „Das
zutreffendste Wort ist eigentlich Badass“, meint der Designer und führt aus,
dass seine Garderobe „ein wenig exhibitionistisch, verwegen, mutig und sexy
ist“ – und von Menschen getragen wird, die weltoffen sind, sich darin wohl und
stark fühlen, und ihr Leben so leben, wie sie es wollen. Zu den Käufern gehören
auch Ausländer, die den Laden entdecken, viel auf einmal und auch die
verrücktesten Entwürfe kaufen. Ungarn sind da zurückhaltender, kaufen ein bis
zwei Sachen, und dann auch eher Straßentaugliches. Den Grund dafür sieht
Herczeg darin, dass Ungarn in Sachen Mode zurückgeblieben ist: „Die Menschen sind
durch die Jahre des Kommunismus verschlossen, wenig mutig – geben viel darauf,
was andere sagen. Es fehlt das nötige Kleingeld.“
In Herczegs Laden ist zu 90
Prozent Männerkleidung zu finden, weil er „etwas von Männern versteht“, wie er
sagt. Deswegen plant er in erster Linie für sie. Herczeg arbeitet auch mit
großen internationalen Firmen zusammen, für die er Hostesskleidung entwirft.
Hostessen sind bekanntlich großteils Frauen, und so fällt ihm am Ende doch noch
auf, dass er sich beim Design zur Hälfte ebenso mit Frauen beschäftigt. Seine
neue Schuhlinie mit Reitstiefeln, Cowboy-Stiefeletten und Halbschuhen zielt
allerdings wieder auf Männer ab. Für Turnschuhe, die er im vergangenen Jahr
gemeinsam mit Puma herausbrachte, gewann er einen Design-Wettbewerb, und
erhielt davon 30 Paar in limitierter Auflage.
Die
wirtschaftliche Lage in Ungarn schätzt er kritisch ein: „Viele Ungarn kämpfen
ums tägliche Überleben, arbeiten wie Sklaven und sind unglücklich.“ Das senkt
die Kaufkraft, aber auch den Willen und Mut, anders zu sein als die breite
Masse. „Menschen im Westen haben eine andere Mentalität,
sind glücklich und haben eine gesunde Seele. Deswegen trauen sie sich mehr“.
Trotzdem will er nicht weg von hier, sondern dazu beitragen, dass es im Land
wieder aufwärts geht. Denn das Entwicklungspotenzial Ungarns ist seiner Meinung
nach beachtlich, doch andere Politik sei dafür vonnöten. Herczeg hofft mit
seiner bunten, hochwertigen Kleidung dazu beizutragen, dass die Welt farbiger
wird, denn – so behauptet er – „mein Job ist, Glück und Freude zu verkaufen“.
Ines Gruber
Zoltán Herczeg
Tel.: +36-20-973-0443
VI. Teréz krt. 35
www.herczegzoltan.hu
Seit dem Abschluss an der
Corvinus-Universität vor 15 Jahren designt ZOLTÁN
HERCZEG Kleidung. Mit der
Ladeneröffnung im Jahr 1997 kamen auch die Aufträge von verschiedenen
ungarischen Weltmusikbands, wie Back II Black, Hooligans, Romantic und vielen
mehr. Später kamen dann Aufträge von internationalen Firmen hinzu, die für ihre
Hostessen Kleidung bestellten. Neben TV-Auftritten als Jurymitglied, stellte er
seine Kollektionen auf den Laufstegen in Madrid vor, bekam 2005 die „Fashion
Awards Hungary“ für junge Designer. 2008 schaffte er es in das ungarische
Jahrbuch des Who is Who. Seit 2009 arbeitet er mit dem amerikanischen Filmstar
Michael Madson an einem neuen Label. 2010 brachte er in Zusammenarbeit mit Puma
eigene Turnschuhe heraus.
Erschienen in der Budapester Zeitung Nr. 20, vom 16.-22. Mai 2011
Erschienen in der Budapester Zeitung Nr. 20, vom 16.-22. Mai 2011
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