Designer
aus Ungarn – Teil 5
Miklós Pazicski und sein Label PAZICSKI
Miklós Pazicski und sein Label PAZICSKI
„Design ist kein egoistisches Künstlerwerk“
Eine Seitenstraße in der Innenstadt beim
Károlyi Kért führt zum eleganten, exquisiten und übersichtlichen Laden von
Designer Miklós Pazicski. Große Schaufenster zur Straße hin geben Ausblick auf
das Gebotene: Kleidung dezenter Färbung in klaren, stilvollen und doch modernen
Schnitten hängt neben extravaganten Accessoires wie Handtaschen und Schuhen.
Die BUDAPESTER ZEITUNG sprach mit Pazicski über sein Label, das
Erschaffen von Mode und seine Kunden.
Wie sind Sie zum Modedesign gekommen?
Mich hat Kunst und Zeichnen im Grunde
schon immer interessiert, jedoch wollte ich nie ein entrückter Künstler werden.
Angewandte Kunst war eher mein Ding. Deswegen habe ich bei der Ungarischen
Universität für Kunst und Design einen Vorbereitungskurs gemacht, mich dann beworben und wurde
angenommen. Warum aber Design für Kleidung... das kann ich gar nicht mehr so
richtig beantworten. Es war eben ein Zufall, ein glücklicher Zufall.
Haben Sie Vorbilder?
Ich könnte einige Designer nennen, von
denen mir die eine oder andere Kollektion gefällt, aber einen besonders
wichtigen nicht. Ich mag klare Formen,
die finde ich bei anderen auch. Bestimmt beeinflussen sie mich, fließen
ihre Schöpfungen ein wenig mit in meine Arbeit ein. Jedoch könnte und würde ich
nie etwas kopieren. Am Ende kommen durch meine Ideen doch immer eigene, neue
Kreationen heraus.
Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?
Mein Stil dreht sich grundsätzlich um
Formen, Planung der Formen und die Veränderung des Umfelds, um den Körper
herum. Aber ich bemühe mich, immer tragbare und bequeme Kleidung für den Käufer
zu erschaffen. Mode sollte interessant sein, aber immer auf dem Boden der
Tatsachen bleiben. Das engt zwar meinen Planungsspielraum etwas ein, jedoch
werden die kleinen, feinen Details wichtiger. Design sollte meiner Meinung nach
kein egoistisches Künstlerwerk sein. Die Harmonie der Silhouette, des ganzen
Kleidungsstücks ist wichtig, es sollte niemals wie ein Kostüm aussehen.
Frauenmode eignet sich besonders dafür, weil man mehr Möglichkeiten hat.
Wie erschaffen Sie Neues?
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Bilder: Aaron Taylor (2) |
Ich habe zwar feste Elemente, wie verschiedene
Technologien, die immer wiederkehren, aber ich versuche auch immer, neue
Techniken zu finden und Abwechslung in meine Kleidung zu bringen. Da ich nicht
auf dem Papier designe, sondern mit Stoffen spiele und an einer Puppe damit experimentiere,
entstehen neben Haupt- oft auch erstaunliche Nebenprodukte. Um Formen wie die meinen
auf Papier zu entwerfen, braucht man langjährige Erfahrung, weil man dann schon
weiß, wie ein Stoff reagiert, wo er Falten wirft und wie es als Endprodukt
aussehen wird. So weit bin ich noch nicht.
Sie haben also keine Schnittmuster?
Nein, so ist es nicht. Neben diesem
kreativen Herumexperimentieren folge ich einem sehr rationalen, exakten Stil.
Das, was an der Puppe erschaffen wurde, übertrage ich in ein vereinfachtes
Schnittmuster. Die Planung ist aber nur die eine Seite, die Ausführungen sind
genauso wichtig. Sie müssen nahezu perfekt sein. Ich gebe kein Stück aus meinen
Händen, das nicht vollkommen
geschnitten und genäht ist.
Was für Stoffe und Farben benutzen Sie?
Bei den Stoffen halte ich mich grundsätzlich
an Gewebtes, nicht Gestricktes, obwohl wir manchmal schon auch Wolle verwenden.
Sonst arbeite ich gerne mit Seide, hin und wieder auch mit Viskose, aber eher
mit Naturfasern. Jersey ist so gar nicht meins. Obwohl es einfacher wäre, damit
zu arbeiten, weil Jersey sich dehnt. Durch die starreren Stoffe, die ich nutze,
müssen meine Kleidungstücke allerdings individuell an die Käuferin angepasst
werden. Den meisten Kundinnen ist das jedoch nur recht, denn dadurch wird das
Stück gänzlich zu ihrem. Meine Farben schwanken stark bei jeder neuen Kollektion.
Diesen Winter gefielen mir zum Beispiel dunkle Töne wie schwarz, dunkelblau und
dunkelgrau, danach möchte ich jetzt wieder mehr Farbe und mache Mode in helleren
Tönen.
Wann wurde der Laden eröffnet und wer sind Ihre Kunden?
Den Laden gibt es seit ungefähr zweieinhalb
Jahren. Ich finde seinen Platz durch Umgebung und Lage in der Innenstadt gut gewählt.
Obwohl ein Laden an der Andrássy út natürlich noch perfekter wäre (lacht).
Die Kundschaft, die meinen Stil mag, ist eher etwas erwachsener. Ich würde
sagen, es sind Frauen ab 25, die bei mir einkaufen. Sie können es sich schon
leisten, denn natürlich sind meine Einzelstücke teuerer als die Ware bei den
Modeketten; die Jüngeren suchen eher nach etwas anderem. Etwa die Hälfte meiner
Kunden sind Ausländer, die anderen Ungarn. Besonders Franzosen und Schweden mögen
meine Mode. Interessanterweise kaufen die Ausländer, die in den Laden kommen, auch
fast immer etwas.
Sie sagten Einzelstücke. Schneidern Sie nicht nach?
Nein, nicht wirklich. Für die Kollektionen
kaufen wir immer genau so viel Stoff, wie wir benötigen. Es bleibt also nichts übrig.
Wenn eine Kundin etwas findet, was sie in einem anderen Material oder Farbe haben
möchte, ist das natürlich kein Problem. Wir schneidern es ihr dann. Aber das
ist ja dann wiederum auch eine Einzelanfertigung. Meine Kollektionen wechseln
außerdem jede Saison und sind immer anders.
Sie sagten „Wir“. Wie viele Mitarbeiter haben Sie?
Ich habe zwei Angestellte und meist auch
immer einen Praktikanten. Sie kommen meistens von meiner alten Universität oder
der ModArt. Wir versuchen, ihnen so viele Aufgaben wie möglich zu übertragen,
und geben unser Wissen und Erfahrungen an sie weiter. Schließlich sollen sie
etwas lernen.
Haben Ihre Kollektionen ein Thema?
Kollektionen bekommen oft erst nach
ihrem Entstehen ein Motto. Es fasst ihre Präsentation, die Schminke, die
Frisuren zusammen und gibt dem Ganzen ein Image. Ich benutze so etwas also
nicht. Es geht bei mir vielmehr um die Entstehung der Kleidung, ihre Form und
die Silhouette.
Gibt es noch andere Designer, die Sie im Laden verkaufen?
Die gibt es. Ich biete vier jungen, noch
unbekannteren Designern die Möglichkeit, bei mir ihre Kleidung und Accessoires
vorzustellen. Die Lederaccessoires wie Gürtel, Schuhe und Handtaschen macht Réka
Vágó, der Schmuck stammt von Souffle, seit neuestem gibt es außerdem Kleidung
von Es-tu un Ange?.
Was bringt die Zukunft?
Jeder Designer träumt vom Durchbruch im
Ausland: Paris, London... Aber man weiß nie ob das wirklich wahr wird. Ein
Laden in Frankreich oder in Skandinavien wäre toll, denn ich denke, dass meine
Kleidung dort den Nerv und Geschmack der Leute treffen würde. Aber besonders in
Frankreich es ist schwierig, sich zu etablieren und der Markt in Ungarn ist
schwerfällig.
Ines Gruber
PAZICSKI Budapest
Henszlmann Imre utca 3.
Tel.: +36 1 411 06 31 32
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr
Samstag 10 bis 17 Uhr

Erschienen in der Budapester Zeitung Nr. 11, vom 14.-20. März
2011
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