Designer aus Ungarn – Teil 12
Albert Bezzeg, sein Label Lollipop und der
Laden Lollipop Shop
„Mein Stil ist zur Mode geworden“
Auf der
sonnigen Einkaufstraße Váci utca im Herzen der Budapester Innenstadt liegt –
fast versteckt – der kleine, aber feine Designerladen Lollipop Shop. Hier findet
man außergewöhnliche Kleidung für Männer und Frauen von verschiedenen
Designern, bunte und verrückte Accessoires und ab und an auch Bilder und Musik.
Besitzer und Designer Albert Bezzeg kann man dort während der normalen Öffnungszeiten
antreffen und mit ihm über Mode, Underground und die Zukunft philosophieren.
Ich habe
eigentlich keine Ausbildung dazu, sondern habe etwas ganz anderes gelernt.
Jedoch hatten meine Großeltern und Eltern ein Modegeschäft. Also bin ich im
Grunde mit Nähmaschinen, Webstühlen und Kurzwaren aufgewachsen, auch wenn ich
mich selbst nie damit beschäftigen wollte. Trotzdem bin ich dann bei der Mode
gelandet, wenn auch mit einem anderen Aspekt. Interessiert hat sie mich seit
meinem 16. Lebensjahr, wenn es mir auch damals nur darum ging, dass ich nicht
das Gleiche wie alle anderen tragen und aus der Menge hervorstechen wollte. Ich
wollte den Sachen einen besonderen Kick, einen Wiedererkennungswert geben. Entstanden
ist das Label Lollipop mit Hilfe meiner damaligen Freundin, die Ahnung von Mode
hatte, und aus dem Underground-Musikleben.
Underground-Musikleben?
Ja genau.
Ursprünglich haben wir unter der Marke Lollipop Musik gemacht, Konzerte geplant
und DJ-Partys organisiert, halt eben Underground und nicht Main-stream. Für die
Auftritte haben wir dann auch angefangen, eigene Kleidung zu entwerfen, zum
einen, weil es das, was uns gefallen hätte, nicht gab, und zum anderen, damit
wir aus der Menge hervorstachen und nicht immer mit den gleichen Sachen auf der
Bühne stehen mussten. Als DJ sollte man auf jeden Fall einen Wiedererkennungswert
haben. Nachdem dann den Leuten unsere Klamotten gefielen, sie uns nach den
Konzerten belagerten, wo wir die Sachen her hatten, begannen wir, unsere Entwürfe
auch herzustellen und zu vermarkten. Und das läuft seit 2005 sehr gut.
Wie würden Sie Ihren Stil
beschreiben?
Er ist
irgendwo zwischen elegant, casual und sportlich. Ich mache Männerkleidung, die
dem Träger eine “ist-mir-egal-Attitüde” verleihen. Die mir einfach selber
gefallen und auch gleichzeitig das
Großbürgertum herausfordern. Magazine,
Trends und andere Designer interessieren mich nicht. Damals, als wir anfingen,
war das eine große Sache. Jetzt sieht es für mich so aus, als wäre mein Stil
allgemein Mode geworden, fast alle tragen ihn. Und er ist ja auch für viele
verschiedene Menschen, ohne Altersunterschiede, tragbar. Irgendwie ist das gut
und irgendwie auch nicht; gut fürs Geschäft, aber damit wird daraus auch Mainstream.
Und seit wann gibt es den
Laden?
Inzwischen
seit drei Jahren. Er hat eine gute Lage, dadurch verirren sich neben den Ungarn
auch immer mehr Ausländer hierher. Und diese sind auch etwas weiter mit Mode
als die Ungarn. Sie sind viel experimentierfreudiger, haben mehr Mut und kaufen
viel von meinen Entwürfen. Im Moment will ich den Laden mal wieder renovieren
lassen, etwas erneuern, aber das hat noch Zeit. Lollipop gibt es allerdings
nicht nur hier, sondern auch im Retrock, ein-zwei weiteren ungarischen Läden
und in einigen ausländischen, zum Beispiel in Berlin, London und Wien. Allerdings
bestellen die Besitzer der Geschäfte nicht immer regelmäßig, alle zwei, vier,
sechs Monate, aber im Großen und Ganzen wenigstens jedes halbe Jahr.
Gibt es im Laden nur
Lollipop-Kreationen?

Wie designen Sie?
Da ich keine
Ausbildung genossen habe, überlege ich mir im Grunde einfach, was ich selbst
gerne tragen würde. Dann habe ich davon ein Bild im Kopf und entwerfe eine
Skizze. Bevor es dann produziert wird, probiere ich am Schnittmuster noch
herum. Ideen habe ich viele, davon werden allerdings nur 15 bis 20 Prozent
wirklich produziert. Deswegen habe ich viele Einzelstücke, die mir dann
vielleicht doch nicht hundertprozentig gefallen habe, die aber trotzdem ohne
Probleme verkauft werden. Von den anderen Entwürfen lasse ich mit Hilfe einer
Schneiderin etwa 25 Stück herstellen, die allerdings nur in einer Größe zu
haben sind. Bei Stoffen bin ich auch nicht so wählerisch, die Hauptsache ist,
sie gefallen mir. Deshalb benutze ich neben natürlichen Stoffen wie Baumwolle
auch Kunstfasern, Seide hatte ich bisher noch nie. Es geht mir nicht um
Modefarben oder Superstoffe, ich will niemandem etwas recht machen.
Und wie oft kommt Neuware in
den Laden?
Eigentlich
jede Woche. Es gibt keine Kollektion, ständig entsteht etwas Neues. Natürlich
passe ich mich an die Jahreszeiten an, aber es kann trotzdem auch vorkommen,
dass ich im Winter Sommerkleidung mache. Da ist ja Silvester und dann passt das
wieder. Accessoires plane ich eigentlich nicht, verkaufe aber welche von
anderen oder eben Sachen, die mir gefallen und die ich toll finde.
Was planen Sie für die
Zukunft?
Einen gut
funktionierenden Online-Shop und noch in ein paar Läden im Ausland ständig
vertreten zu sein. Deutschland wäre nicht schlecht, Berlin oder München. Bei
Facebook bin ich schon online, wo jeder meine neuen Sachen sehen kann. Aber ein
Internet-Shop wäre schon toll.
Ines Gruber
Lollipop Shop
V. Váci utca
45.
Tel.: +36 70
626 22 33
Geöffnet:
Montag bis Samstag
12 bis 19 Uhr
Webseite:
www.lollipopfactorybudapest.com
Erschienen
in der Budapester Zeitung Nr. 18, vom 2.-8. Mai 2011
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